Zusammenspiel oder Zusammenprall? Bericht über die Multiplikatorenschulung in Eppingen (13.-14. Mai 2017)

Jugend-LmDR Baden-Württemberg lässt im Rahmen ihrer Multiplikatorenschulung unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Am Ende gibt es doch ein harmonisches Zusammenspiel.

Unsere Gesellschaft durchlebt ständige Veränderungen und somit wachsen auch die Aufgaben und Herausforderungen für uns. Vereine können vor Ort einen bedeutenden Teil zur Förderung der gegenseitigen Akzeptanz zwischen Aufnahmegesellschaft und den Zugewanderten beitragen. In Großstädten funktioniert dies bereits sehr gut, doch auf dem Land lassen sich noch einige Defizite spüren. Aus diesem Grund organisierte die Jugend-LmDR Baden-Württemberg am 13. und 14. Mai in Eppingen eine Multiplikatorenschulung mit dem Titel „Gemeinsam zur Gemeinschaft: Interkulturelle Öffnung von Migrantenorganisationen und Vereinen in ländlichen Regionen“, um über die Situation und die Rolle von Vereinen bei der Integrationsarbeit und ihren Beitrag zur Völkerverständigung zu sprechen. Gefördert wurde die Multiplikatorenschulung aus den Mitteln des Bundesministeriums des Innern.

Außergewöhnliche Location - Abwechslungsreiches Programm

Der Schulungsort war diesmal etwas ungewöhnlich: Das zweitägige Programm fand in den Räumlichkeiten des Eppinger Figurentheaters statt. Umso größer war die Begeisterung der Teilnehmer, als sie die Tagungsstätte betreten haben. Die Lounge des Theaters wurde in einen Seminarraum umfunktioniert und so konnten die Teilnehmer die Vorträge und Workshops in einer außergewöhnlichen Atmosphäre genießen.

Die Organisatoren der MPS legten besonders viel Wert auf die Abwechslung im Programm. Schwerpunkte der Schulung waren Vorträge und Workshops, in denen gemeinsam unterschiedliche Methoden und Strategien entwickelt, Impulse und Ideen gesammelt wurden, um die alltägliche Praxisarbeit in den Bereichen Integration und Völkerverständigung zu bereichern.

Am Samstag gab es als Highlight ein kulturelles - und zugleich lehrreiches Abendprogramm: Ein kabarettistisches Theaterstück „Die demografische Windel“ des Theaters PassParTu. In diesem Stück setzt sich die Schauspielerin Heidi Callewaert-Zotz humorvoll und mit einer ordentlichen Dosis Ironie und Sarkasmus mit dem demographischen Wandel auseinander. Anschließend an das Theaterstück fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Zusammenspiel oder Zusammenprall? Zuwanderung als Chance gegen den demographischen Wandel.“ statt. Moderiert wurde das Podium von Katharina Martin-Virolainen, der Landesvorsitzenden der Jugend-LmDR Baden-Württemberg. An der Gesprächsrunde nahmen Vertreter aus den Bereichen Politik, Kultur und Ehrenamt teil: Vera Haas, die erste Vorsitzende der Deutsch-Russisch-Ukrainische Gesellschaft Eppingen e.V. und Lehrerin einer VKL-Klasse, Josip Juratovic, der SPD-Bundestagsabgeordnete und Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, Rechtsanwalt und CDU-Kandidat für die Bundestagswahl, sowie Wolfgang Widder, Diplom-Psychologe und Vertreter der Bürgerstiftung Wiesloch.

Wie wird sich die Geburtenrate und die Altersstruktur unserer Gesellschaft entwickeln? Wozu brauchen wir Zuwanderung? Was muss getan werden, damit die Menschen sich schneller und besser integrieren können? Schwierige Fragen, unterschiedliche Erfahrungen und verschiedene Ansichten: Das Podiumsgespräch entwickelte sich spannend und sehr lebendig.

Aus Vergangenheit lernen - In die Zukunft blicken

Im Rahmen des Gesprächs wurden auch Themen angesprochen, die vor allem bei den Deutschen aus Russland alte Wunden aufgerissen haben, wie etwa der Fachkräftemangel und gleichzeitig die fehlende oder späte Anerkennung der Abschlüsse. So berichtete Vera Haas, dass sie 25 Jahre lang (!) auf die Anerkennung ihres Diploms als Lehrerin warten musste. Und sogar jetzt, wo dieses anerkannt ist, gilt sie als sogenannte „Nichterfüllerin“. Bemängelt wurden auch die langen Wartezeiten, die Bürokratie, das Unwissen, an wen die Menschen sich in ihrer Situation wenden sollen, etc. Muhamet Idrici, ein Realschullehrer albanischer Herkunft aus dem Kosovo, der ebenfalls im Publikum saß, schaltete sich in die Diskussion ein und berichtete von seinen Erfahrungen als Flüchtling und den Herausforderungen, mit denen man im Laufe seines schulischen und beruflichen Lebens zu kämpfen hat.

Zum Schluss waren sich sowohl die Podiumsgäste, als auch die Zuschauer einig: Zuwanderung kann nur dann eine Chance sein - auch im Hinblick auf den demographischen Wandel, wenn man u.a. Probleme erkennt und versucht diese gemeinsam zu lösen, von beiden Seiten zur Integration beiträgt, Menschen den Einstieg ins Arbeitsleben schneller ermöglicht und jungen Menschen, insbesondere Frauen, die bereits Kinder haben, die Chance auf Bildung und Ausbildung gibt.

Zusammenhalten - Zukunft gestalten!

Ganz nach dem Motto der Landsmannschaft, wurden am zweiten Schulungstag Ideen für eine mögliche Zusammenarbeit gesammelt. Dabei wurde sehr viel Wert auf Vernetzung und  Stärkung von Kooperationen gelegt. Zum Abschluss der Tagung gab es eine Feedbackrunde, bei der alle Teilnehmer ihre Eindrücke aus dem Seminars und dem kulturellen Rahmenprogramm schildern durften.

Katharina Martin-Virolainen betonte zum Abschluss wie wichtig ein Zusammenspiel verschiedener Akteure vor Ort für die Entwicklung der Integrationsarbeit, sowie für die Förderung der Kultur und Jugend, sei. Elena Gillung, die im Büro des Oberbürgermeisters der Stadt Leimen arbeitet, ermutigte die jungen Teilnehmer der Schulung dazu, sich mit ihren Projektideen bei der Stadt vorzustellen und sich über mögliche Unterstützung zu erkundigen. „Fragen kostet nichts und deshalb sollte man sich nicht davor scheuen das direkte Gespräch mit der Stadt zu suchen. Wir sind dafür da, um uns um die Anliegen der Bürger zu kümmern und bei Problemen gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.“

Elena Gutelewitch, von der LmDR Ortsgruppe Lahr, lobte das außergewöhnliche und abwechslungsreiche Programm der Schulung. „Besonders hat mir der persönliche Austausch gefallen. Dabei lernt man am meisten über die Menschen und ihre Arbeit.“

Vera Haas, die erste Vorsitzende der Deutsch-Russisch-Ukrainischen Gesellschaft Eppingen e.V., unterstrich die Bedeutung solcher Multiplikatorenschulungen für die Förderung des Engagements bei jungen Leuten: „Viele Vereine haben ein Nachwuchsproblem. Deshalb freut es mich besonders zu sehen, dass hier so viele junge Menschen dabei sind! Ihr seid die Zukunft des Ehrenamts!“

 

An dieser Stelle möchten sich die Landsmannschaft und die Jugend der Landesgruppe Baden-Württemberg ganz herzlich beim Bundesministerium des Innern für die Förderung der Multiplikatorenschulung bedanken.

Ein besonderer Dank geht auch an Heidi Callewaert-Zotz und Thomas Zotz für die Gastfreundschaft und die Möglichkeit die Schulung im außergewöhnlichen Ambiente des Eppinger Figurentheaters durchführen zu dürfen.

 

Katharina Martin-Virolainen, Vorsitzende der Jugend-LmDR Baden-Württemberg


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